Leistungen bei Pflegebedürftigkeit werden nur ausgezahlt wenn vorher ein Pflegegrad festgestellt worden ist. Ein solches Pflegegutachten wird bei der gesetzliche Pflegeversicherung durch den medizinischen Dienst der Krankenkassen erstellt. Bei Menschen, die privat versichert sind, kommt zur Prüfung medicproof, der medizinische Dienst der Privaten.
Der Weg zum Pflegegrad
Wenn ein Mensch durch eine Behinderung, Krankheit oder Alter abhängig wird von Pflege, dann kann es ganz schnell ganz teuer werden. Um die finanziellen Belastungen für die Angehörigen und die Pflegeempfänger im Rahmen zu halten, gibt es Leistungen aus dem 11. Sozialgesetzbuch. Um diese Leistung in Anspruch nehmen zu können, muss ein Antrag zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit gestellt werden. Dieser wird dann je nach Versichertenkreis vom MDK (medizinischer Dienst der Krankenkassen) oder von medicproof bearbeitet. Anschließend wird dann ein Gutachten erstellt, welches bei privaten und gesetzlich Versicherten gleich abläuft.
Bewertungsmerkmale im Pflegegutachten
Die Bewertung erfolgt beim Pflegegutachten in 6 Modulen.
Modul 1: Mobilität
In diesem Modul wird gemessen wie weit sich der pflegebedürftige Mensch selbst bewegen kann. Neben der „normalen“ Mobilität wird auch bewertet, welche Positionswechsel selbstständig möglich sind oder ob die betroffene Person Treppen steigen kann.
Modul 2: kognitive und kommunikative Fähigkeiten
Dementielle Erkrankungen oder ein Schlaganfall können diese Fähigkeiten besonders beeinflussen. Deshalb wird in diesem Modul genau geschaut in wie weit sich der Pflegebedürftige orientieren und ausdrücken kann. Auch das Thema Selbstbestimmung wird hier geprüft. Können Entscheidungen selbst gefällt und formuliert werden?
Modul 3: Verhaltensweisen und psychische Probleme
Leidet ein Mensch an Angstzuständen oder zeigt ein aggressives Verhalten, dann wird dies im Modul 3 festgehalten. Denn auch diese Beeinträchtigungen können einen höhere Pflegebedürftigkeit verursachen. Exkurs: neue Fixierungsrichtlinien
Modul 4: Selbstversorgung
Hier wird bewertet, wie gut sich der Betroffene selbst versorgen kann. Schwerpunkte hier sind folgende Tätigkeiten: Körperpflege, Essen und Trinken, An- und Auskleiden.
Modul 5: Bewältigung von krankheitsbedingten Herausforderungen
Dort wird gefragt nach dem Unterstützungsbedarf, welcher durch Krankheiten oder Behinderung besteht? Zur Verdeutlichung ein kleines Beispiel:
Der Betroffene leidet an einer Demenz und ist ansonsten körperlich fit. Neben der Demenz besteht auch ein insulinpflichtiger Diabetes. Durch die Demenz werden die regelmäßige Injektionen von Insulin vergessen. Also kann der Betroffene die Bewältigung nicht selbst sicherstellen. Eine zusätzliche Pflegebedürftigkeit ist damit festgestellt.
Modul 6: Gestaltung des Alltags und der sozialen Interaktionen
Das Pflegegutachten fragt auch nach, wie weit die soziale Integration selbstständig erfolgen kann. Neben den sozialen Interaktionen wird auch die Bewältigung des Alltags bewertet. Zum Beispiel könnte eine Betroffene sich nicht mehr selbstständig bewegen aber das Telefon bedienen und sich so verabreden. Somit sind dort noch Ressourcen vorhanden, die dann gefördert werden können.
Punktesystem beim Pflegegutachten
Jedes Modul hat bei der Bewertung eine eigene Gewichtung. So fallen die Punkte der Selbstversorgung besonders stark ins Gewicht.
Der maximale Punktwert, der erreicht werden kann ist 100. Die Staffelung der Pflegegrade sieht wie folgt aus:
- 12,5 bis 27 Punkte: es liegt eine geringe Beeinträchtigung vor und der Pflegegrad 1 wird attestiert.
- 27 bis 47,5 Punkte: es liegt eine erhebliche Beeinträchtigung vor und der Pflegegrad 2 wird attestiert.
- 47,4 bis 70 Punkte: es liegt eine schwere Beeinträchtigung vor und der Pflegegrad 3 wird attestiert.
- 70 bis 90 Punkte: es liegt eine schwerste Beeinträchtigung vor und der Pflegegrad 4 wird attestiert.
- 90 bis 100 Punkte: es liegt eine schwerste Beeinträchtigung vor, die besondere Anforderungen an die Pflege stellt. Der Pflegegrad 5 wird attestiert.
Vorbereitung auf das Pflegegutachten
Als Angehöriger einer pflegebedürftigen Person sollten Sie sich einige Gedanken machen, bevor das Pflegegutachten erstellt wird.
Scham und Angst sind kein guter Begleiter. Deshalb sollten Sie ihren Angehörigen auf den Besuch des Gutachters so gut wie möglich vorbereiten und einstellen. Versuchen Sie selbst ein Gefühl der Normalität auszustrahlen um die Verunsicherung möglichst gering zu halten.
Ihre Erfahrungen haben auch ein gewisse Relevanz. Denn meistens dauert es ein paar Wochen bis der Gutachter kommt. Bis dahin haben Sie schon einige Erfahrung gemacht und eventuell spezielle Probleme identifiziert. Schreiben Sie diese Punkte auf und präsentieren die Probleme dem Gutachter. Er wird es in das Pflegegutachten mit aufnehmen.
Sammeln Sie Befunden, Dokumentationen und Arztbriefe. Diese Informationen helfen dem Gutachter sich ein umfassendes Bild über Ihren Angehörigen zu machen.